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Adana - Stadt der Widersprüche

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- Ein Reisebericht -

"Komm lass uns in der Türkei leben!" Mit dieser lachend vorgetragenden Einladung meines Lebensgefährten, an einem regnerischen Vormittag in Deutschland, begann alles. Skeptisch und neugierig zugleich, startete ich in einen selbstorganisierten Urlaub in die Türkei, der so ganz anders werden sollte, als alle meine bisherigen Reisen.

"Nein" war die erste Antwort die ich erstmal nur mir selbst gab, als ich 4 Wochen später einen ersten Blick aus dem Flugzeug auf Adana warf, die fünftgrößte Stadt der Türkei. Schier endlose Reihen von Hochhäusern reckten sich mir entgegen und der Begriff "Moloch" schlich sich in mein Hirn. "Nein", war auch die zweite Antwort, als wir aus dem Flugzeug stiegen und mir die glühende Hitze das Make-up aus dem Gesicht schmilzen ließ. (Notiz an mich selbst: Sommerurlaub in der Türkei nur mit wasserfester Mascara.)

Von unten betrachtet und im klimatisierten Auto sitzend sah diese Stadt schon freundlicher aus. Wir fuhren vorbei an einem riesigen Park, der wie eine Oase inmitten staubiger Straßen auftauchte. So hektisch der Rest der Stadt in Bewegung war, so entspannt flanierten hier die Menschen umgeben von, in allen Farben leuchtenden, Blumenbeeten und Palmenalleen.

Mein "Nein" wich einem "Velleicht" bei dem Genuss der lokalen Spezialität, dem "Adana Kebab". War ich nur unglaublich hungrig, oder war dies tatsächlich das Leckerste, was je meinen Gaumen berührt hatte? Alle Dönertaschen, die ich im heimischen Deutschland je vertilgt hatte, erschienen mir jetzt nicht nur fade, sondern schlicht als Betrug. Eigentlich handelt es sich ja nur um gegrilltes Hackfleisch vom Lamm, serviert mit arabischem Fladenbrot, frischer Pfefferminze, Petersilie und scharfer (und damit meine ich: wirklich scharfer !) Pepperoni. Während ich noch rätselte, was nun den besonderen Genuss ausmachte, die scharfen Gewürze oder der Fettgehalt des Fleisches, hatten wir unseren Ayran schon ausgetrunken und verließen das Lokal.

Weiter ging es durch die engen Gassen und Straßen der Innenstadt, die aus einem interessanten Mix aus neuen, alten und uralten Häusern besteht. Allen ist die für den Süden typische Bauweise gemein, das heißt hohe Räume, viele meist kleine Fenster und ein Flachdach auf dem sich meist zahllose Fernsehantennen und mindestens ein, meist aber mehrere Wassertanks befinden. Der Gang durch die City von Adana ist fast schon eine Überforderung für alle Sinne. Zu sehen gibt es sowieso viel, allein die vielen Menschen aus sehr unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und die vielen kleinen Läden, die meist regelrecht vollgestopft sind mit allem was das Herz begehren könnte. Unterschiedlichste Gerüche nach Blumen, frischem Simit (ein türkisches Sesamgebäck) oder Wasserpfeife füllen die Luft und auch die Geräuschkulisse ist vielschichtig. Zwischen lautem Verkehrlärm mischen sich türkische, arabische, kurdische Sprachfetzen. Es gibt Frauen in Miniröcken, mit Kopftuch oder ganz verschleiert. Auf eine gewisse Art scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, es fällt nur schwer zu ergründen, wo genau. Ein Mann auf einem Eselskarren, fast schon wie ein Klischee ,in weiten Hosen, dem Schalvar, gekleidet, schreibt auf seinem Notebook und macht damit die Postkartenidylle zunichte. Kann ein Land rückständig und fortschrittlich zugleich sein? Ja, wird mir viel später jemand bescheinigen, dieses Land ist in unentwegter Veränderung und niemand weiß genau was dabei herauskommen wird. Die Türken machen darüber selber Witze und sind scheinbar stolz darauf, so uneinschätzbar zu sein.

Mich faszinierte es zumindest jetzt schon und obwohl meine Füße müde wurden, fiel es mir schwer wieder ins Auto zu steigen, damit wir weiterfahren konnten. Es fühlte sich an, als würde ich etwas verpassen. Weiter ging es also durch den dichten Verkehr, in dem ein Führerschein eher ein Hindernis als hilfreich zu sein schien. Vorbei am Atatürk-Denkmal, was mich unberührt ließt, denn der einstige große Führer der Türkei ist sowieso allgegenwärtig. Selbst im kleinsten Laden findet man ein Bild von ihm.

Dann stockte mir der Atem. Zu unwirklich erschien mir das Gebäude, was nun vor mir auftauchte. Sechs riesige Türme reckten sich in den kornblumenblauen Himmel und ich mußte den Kopf in den Nacken legen, um deren Ende zu erkennen. Wir standen vor der Sabancı-Merkez-Moschee, die größte der Türkei. Ich fühlte mich an den Elfenbeinturm aus Michael Endes "Die unendliche Geschichte" erinnert.

Weiter ging es über die "Taşköprü", die älteste noch benutzte Brücke der Welt, welche einst Kaiser Hadrian über den Seyhan, einer der beiden Flüsse, die durch Adana fließen, errichtet hat. Dies war erst eins vieler historischer Bauwerke aus römischer oder noch fernerer Zeit, die einem in der Türkei begegnen. Wir fuhren auf die Autobahn auf, die in bemerkenswert gutem Zustand war. Kein Schlagloch und keine Baustelle, trübte unseren Weg. Den wiederum mussten wir, für deutsche Verhältnisse, langsam zurücklegen, denn das Höchsttempo auf türkischen Autobahnen ist 100km/h. Die Kulisse ist jedoch auch viel zu interessant, um an ihr vorbeizurasen. Baumwollfelder wechseln sich ab mit schroffen Bergen und weiten Ebenen, bedeckt mit vulkanischem Gestein. Richtung Iskenderun tauchen die ersten Zitronen und Orangenplantagen auf und schließlich die ersten kleineren Häuser in allen möglichen Farben gestrichen. Die meisten haben eine Dachterasse auf dem der Wein rankt oder die Pepperonis in der Sonne getrocknet werden.

Es war schon Abend, als wir von oben einen Blick auf die Bucht von Iskenderun werfen konnten. Die orangerote Sonne versank im ruhigen Mittelmeer, gesäumt von einem Streifen aus tausenden Lichtern. Die Strandpromenade, ein großer Park, der sich den ganzen Strand entlangzieht, ist voller Leben. Inmitten von saftigen Grün reihen sich hier Bars, Strandcafes, Spiel- und Sportplätze aneinander. Wenn die Hitze des Tages vergangen ist und ein sanfter Wind aus Richtung Meer weht, erwacht die Stadt.

Ach ja, was die eingangs erwähnte Frage anbelangt: Noch hatte ich mich nicht entschieden, zu viele Eindrücke waren auf mich eingestürzt, die es erst zu verarbeiten galt. Wenn sie neugierig sind auf meine Antwort, lesen Sie dazu meinen weiteren Reisebericht "magisches Antakya".

Lisa Balkenhol

Ä°skenderun

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