In diesem Jahr hat unsere Familie (Mama, Papa und drei Jungs im Alter von 8, 10 und 12 Jahren) zusammen mit der Oma den Sommerurlaub in einer Ferienwohnung in Unsere liebe Frau im Walde in Südtirol verbracht. Dieser Ort liegt abseits der großen Touristenzentren etwa 30km südlich von Meran auf etwa 1300m Höhe in der Nähe des Gampenpasses.
Nachdem wir in den vorangegangenen Tagen bereits viele phantastische Landschaften und Sehenswürdigkeiten Südtirols erkundet haben nutzen wir den Sonntag für einen Ausflug auf den nahegelegenen Hausberg - den Laugen -. Es ist Herz-Jesu-Sonntag – ein besonderer Feiertag in Südtirol. Wir merken es auch daran, dass in unserem Dorf viele Häuser geflaggt haben und unsere Nachbarn einen Altar vor der Tür errichten. Offensichtlich geht am Morgen eine Prozession durch den Ort und so beeilen wir uns, rechtzeitig mit dem Auto loszufahren um diese Prozession nicht zu stören. Die Fahrt dauert nur einige Minuten und führt hinauf zum Gampenpass.
Das Wetter ist herrlich - das ist der richtige Tag, um endlich den Laugen zu besteigen. Oma wird vom Gampenpass aus den Kreuzweg entlang zum Ort zurückwandern. Es handelt sich um eine schöne leichte Wanderstrecke, die auch von Senioren gut bewältigt werden kann. Wir folgen dem Wanderweg 10a. Es geht steil bergauf – über Stock und Stein. Ich muss regelmäßig Pausen einlegen um nach Luft zu schnappen. Wir erreichen dann aber doch recht zügig die Laugenalm. Das Wetter ist herrlich und ein Aufenthalt auf der sonnigen Terrasse ist verlockend. Da der weitere Aufstieg aber noch recht weit ist verzichten wir auf eine Rast und wandern direkt weiter.
Wir haben zwei Aufstiegsmöglichkeiten und entscheiden uns, dem Weg Nr. 10 weiter zu folgen. Es geht weiterhin steil hinauf. Das Gipfelkreuz des Großen Laugens wird sichtbar und scheint doch immer noch sehr, sehr weit entfernt zu sein. Endlich erreichen wir den Laugensee – ein wunderbarer Anblick. Von hier aus wird der Aufstieg wirklich abenteuerlich. Der Wanderweg wird gegenwärtig saniert – er befindet sich tatsächlich in einem erbärmlichen Zustand. Wir müssen tatsächlich klettern und ich bekomme es mit der Angst zu tun. Mein Mann Thomas und unser Sohn Moritz wollen – wie kann es anders sein – weiterklettern aber nach einer weiteren strapaziösen Kehre sind auch sie zur Umkehr bereit. Später erfahren wir, dass der Aufstieg über den Alternativweg ab Laugenalm (Nr. 10a) einfacher gewesen wäre. Wir hätten den Gipfel dann von der anderen Seite bestiegen. Nun sind wir aber Gott sei Dank vernünftig und kehren um. Wir haben eine wirklich gute Alternative: Der Laugensee (2182m) liegt direkt vor uns und lädt zur Rast ein. Hier zelten sogar ein paar hartgesottene Wanderer. Im Wasser kann man Molche beobachten.
Nach einer Futterpause machen wir uns weiter auf den Weg und beschließen, dann doch wenigstens die kleine Laugenspitze zu besteigen. Die Kinder sind von dieser Idee zunächst gar nicht begeistert – tatsächlich müssen wir nur noch 115 Höhenmeter überwinden. Auf der Spitze werden wir mit einer grandiosen Fernsicht für diese zusätzliche Mühe belohnt. Wir können das gesamte Tal von Meran bis Bozen überblicken. Das Wetter ist dabei optimal. Besonders schön ist es hier zudem durch die Einsamkeit. Ein einzelner Wanderer teilt sich mit uns den wunderschönen Ausblick, während sich die Menschen auf der großen Laugenspitze offensichtlich gegenseitig auf die Füße treten. Wir genießen diese einmalige Atmosphäre – wir wissen ja auch noch nicht was für ein Abstieg uns erwartet. Der stellt in seiner Härte den mühsamen Aufstieg locker in den Schatten.
Wir nehmen den Wanderweg 133. Dieser führt extrem steil über Stock und Stein zurück zum Gampenpass. Die Kinder laufen uns davon. Nach einiger Zeit sind sie nicht mehr zu sehen. Moritz und Paul verlieren unterwegs etwas den Mut und warten auf uns aber Philipp ist auf und davon. Aus diesem Grund können wir an einer Gabelung auch nicht mehr zur Laugenalm abbiegen sondern müssen weiter den steilen Weg hinab. Ich merke, dass ich an meine Grenzen komme. Jeder Schritt tut richtig weh. Unsere Vermieter werden uns später berichten, dass sie diesen Weg nur hinauf gehen – da er runter einfach zu anstrengend sei. Wir sind tapfer – was bleibt uns auch anderes übrig – und steigen weiter und weiter hinab, schließlich müssen wir fast 800 Höhenmeter hinunter. Irgendwann antwortet Philipp auf unsere Rufe und wartet auf uns. Es ist ihm offensichtlich auch etwas unheimlich geworden. Nach einem langen mühsamen Abstieg erreichen wir dann tatsächlich den Gampenpass und unser Auto. Volkommen erschlagen machen wir uns auf den Heimweg. Trotz - oder sogar wegen - der beschriebenen „Qualen“ war diese Wanderung eine ganz außergewöhnliche und nachhaltig beeindruckende Erfahrung. Wir haben wieder einmal auf eindrucksvolle Weise die Macht der Natur kennengelernt. Am Abend gönnen wir uns ein leckeres Abendessen im Restaurant im Ort. Das haben wir uns wirklich verdient.
Anke Müller
Meran
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