Dies ist nicht unsere erste Reise in die Bretagne, aber unsere erste Anfahrt über Belgien, verbunden mit einem mehrtägigen Aufenthalt in der Normandie. Warum wir uns diesmal dazu entschlossen haben? Keine Ahnung, aber wir dachten, wir würden eventuell mal etwas Neues, Interessantes in Belgien sowie in der Normandie zu sehen und zu erleben bekommen, wo wir doch jährlich mindestens zwei- bis dreimal in unserem Lieblingsland Frankreich verweilen. Also ging es – Wohnmobil bereits am Vorabend gepackt – gegen 11.00 Uhr am Freitag auf die A45, die so genannte Sauerlandlinie. Ferienbeginn, und eigentlich hatten wir mit einigen Staus gerechnet, aber: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Einziger Wermutstropfen: Es schüttete unterwegs wie aus Eimern.
Über Siegen – Köln – Aachen ging es nach Belgien. Hier machten wir erst einmal Rast, um uns zu stärken. Kein schöner Rastplatz, und mein Mann sah, während ich fuhr, noch einmal nach geeigneten Stellplätzen in der einschlägigen Literatur nach. Nichts sagte uns zu. Und so kam es, dass wir – vorbei an Lille – weiterfuhren. Und nun das, was wir bereits in Deutschland erwartet hatten: Zähfließender Verkehr und kleinere Staus.
Und ehe wir uns versahen, waren wir auch schon in Frankreich. Was war das doch früher so aufregend, als es noch die Grenzen gab. Und nun? Nichts, wenn einem nicht eine SMS auf dem Handy willkommen heißen würde, dann würde man die Grenzüberschreitung kaum merken.
Nach einer kurzen Strecke kostenloser französischer Autobahn ging es auf der D925 weiter Richtung Meer. Aber nun tauchte auch schon unser erstes Problem auf: Eigentlich wollten wir ja nicht so weit fahren, und daher hatten wir ganz das Tanken vergessen. Nun neigte sich die Tanknadel langsam dem Reservebereich zu. Keine Tankstelle weit und breit. Und dann fing auch noch die Tankanzeige zu blinken an, um mir zu sagen, dass der Treibstoff bald aufgebraucht sei. Was nun? Es war mittlerweile 20.00 Uhr und wir waren auf der Landstraße, wo die Tankstellen bereits in der Regel geschlossen waren. Doch die Dummen haben Glück: Kurz vor Ultimo ein Supermarkt mit einer Tankstelle. Es steht geschrieben: 24 Stunden tanken möglich. Tja, eigentlich müssten wir es als Frankreichliebhaber besser wissen: Der Supermarkt war geschlossen und an der Tankstelle kann man außerhalb der Öffnungszeiten nur mit der französischen carte bleu tanken. Na toll!
Da sahen wir ein französisches Wohnmobil an der Tankstelle. Nichts wie hin! Ich stieg aus und fragte, ob sie uns vielleicht auf ihre Karte tanken lassen könnten, wenn wir ihnen 30 € dafür geben würden. Welch Glück, dass mein Französisch so gut ist. Natürlich klappte das! Unter Wohnmobilfahrern sollte das ja auch kein Problem sein. Wir warteten also. Das Ganze erwies sich als eine Endloswarteschleife, denn – man glaubt es kaum -, die Wohnmobilfahrer hatten 3 große Fässer in ihrem Fahrzeug und betankten diese voll mit Diesel. Na ja, irgendwann kamen dann auch wir an die Reihe!
Nun ging es – mit einem wesentlich ruhigerem Gefühl – weiter Richtung Meer. Laut Karte müsste es ganz in der Nähe sein, aber wir sahen es nirgendwo!? Unser eigentliches Ziel war Dieppe, aber wir beschlossen kurzerhand nach Criel-sur-Mer abzubiegen, um dort auf dem kostenlosen Stellplatz Abendbrot zu essen und zu übernachten. Also ging es an dem – für Frankreich so typischen – Kreisverkehr rechts ab. Was uns da erwartete übertraf sämtliche Erwartungen: Kreidefelsen, ein Bilderbuch-Panorama und ein Stellplatz direkt am Meer. Und alles kostenlos! Eben Frankreich, das wohnmobilfreundlichste Land, das wir kennen!
Mittlerweile war es 21.30 Uhr, unser Hund wollte endlich Gassi gehen, und auch wir mussten uns, ehe wir essen, die Beine vertreten. Also wohin gehen wir wohl? Natürlich: Ans Meer. Bijou, unser Hund, war wie verrückt: Das erste Mal, dass er Meer, Wellen und Strand sah. Er rannte wie von Sinnen herum, wollte in die Wellen beißen und wunderte sich über den merkwürdigen Geschmack des Wassers. Zurück ans Wohnmobil gab es leckeres Essen, den obligatorischen Rotwein und einen fantastischen Sonnenuntergang als Nachtisch, direkt vom Wohnmobil aus zu sehen.
Wir beschlossen zu bleiben und begannen den nächsten Tag mit einem frischen Baguette, welches wir im angrenzenden Ort holten. Danach ging es zunächst an den Strand, wo wir zahlreiche Feuersteine fanden, und anschließend auf die Klippe linker Hand unseres Stellplatzes. Herrlich rote Mohnfelder begleiteten uns neben einer atemberaubenden Aussicht. Allerdings war es nicht nur tierisch steil, auch der Wind blies derartig stark, dass man kaum vom Fleck kam. Aber die Aussicht auf der Klippe entschädigte uns. Am Nachmittag entschieden wir, auf die andere Seite des Stellplatzes zu gehen. Hier trafen wir zunächst auf einen menschenleeren Strand mit Strandhäuschen und anderen Dingen, die einstige Touristenströme erahnen ließen. Die öffentlichen Toiletten waren verschlossen. Da hielt ein Polizist neben mir und schloss extra für mich auf. Wieder einmal musste ich erkennen, dass die französische Polizei extrem sympathisch und menschlich ist. Wir spazierten hoch auf den Berg und gingen durch einen Ort, der zahlreiche wunderschöne alte Häuser vorzuweisen hat. Leider hatte ich meine Kamera im Wohnmobil gelassen.
Weiter zog es uns am nächsten Morgen Richtung eigentlichem Ziel: Dieppe. Der Stellplatz liegt direkt am Hafen, ist aber mit Draht und Büschen zu. In den Büchern sieht eben manches schöner aus als in der Realität! Wir stellten uns kurz hin, sahen uns die Stadt und die Uferpromenade an, und beschlossen dann, weiterzufahren. Ja, das ist das Gute am Wohnmobilleben: Wenn es einem nicht gefällt, geht es einfach weiter!
In Veulettes-sur-Mer sahen wir – wie so häufig in der Normandie – das Meer erst, als wir eine steile Bergkuppe überwunden hatten und abwärts fuhren. Hier erwartete uns wieder einmal ein sehr schöner Stellplatz, an dem am Abend jemand vorbeikommt und 4 € kassiert. Leider ist die Sicht vom Stellplatz aus aufs Meer verbaut. Aber auch hier war nichts vom großen Touristenrummel zu bemerken.
Nach dem Frühstück ging es weiter. Wir fuhren mehrere Stellplätze an, aber keiner sagte uns so richtig zu. Dann fuhren wir durch Le Havre. Es ist gar nicht so kompliziert, dort durchzufahren, wie ich das von anderen französischen Städten gewohnt war. Weiter ging es über die Pont du Normandie – ein wahrlich beeindruckendes Bauwerk über die Seine. Am Ende der Überfahrt kommt man dann nach Honfleur, das wir bereits kannten. Diesem beschaulichen Ort mussten wir unbedingt wieder unsere Aufwartung machen. Der dortige, riesige Stellplatz war ziemlich belegt, aber wir fanden noch ein Plätzchen mit Sicht auf einen kleinen Kanal. Die Seine? Ich müsste lügen, wenn ich behaupte ich wüsste es genau. Egal. Am Abend spazierten wir ins Städtchen, nachdem wir am Nachmittag erst einmal mit den Rädern an der Uferpromenade entlang gefahren waren. Wir saßen in einem Café und beobachteten das bunte Treiben. Die vielen Sehenswürdigkeiten des Ortes haben wir bereits mehrmals angesehen, und so verzichteten wir diesmal darauf.
Eigentlich wollten wir etwas länger bleiben, aber wir hatten am Platz Probleme mit dem Satellitenempfang. Nicht dass das lebensnotwendig gewesen wäre, aber schließlich war ja Damen-Fußball-WM! Ich unterhielte mich vor der – relativ spontanen – Abfahrt noch kurz mit einem Franzosen, der ein riesiges Wohnmobil fuhr, auch er hatte am Platz Probleme mit dem Fernsehempfang. Also ging es zur Mittagszeit weiter. Auf der Suche nach Wohnmobilstellplätzen, die uns zusagten, gerieten wir nun immer wieder in kleine Ortschaften, aber keiner entsprach unseren Wünschen bezüglich des Aufenthaltes. Wir fuhren nun ein wenig über die kostenfreie Autobahn, vorbei an den geschichtsträchtigen Plages du Débarquement, wie Omaha Beach oder Utah Beach. Immer wieder fand man Wegweiser zu deutschen oder amerikanischen Soldatenfriedhöfen. Kaum vorzustellen, wie es hier im 2. Weltkrieg gewütet haben mag...
Die Fahrt führte uns weiter zum Pointe de Barfleur nach Gatteville-le-Phare. Hier fuhren wir erst unfreiwilligerweise einmal ein wenig herum, denn wir fanden den im Bordatlas ausgeschriebenen Stellplatz nicht. Es stellte sich heraus, dass es ein Campingplatz ist, der auf einem Bauernhof Wohnmobilisten herzlich empfängt. Schön und relativ einsam gelegen. Ein deutsches Wohnmobil stand bereits da, und dazu noch aus Hessen, wie wir. Dieser und der nächste Tag waren gerettet: Fernsehempfang perfekt, nette Nachbarn, mit denen wir ein paar schöne Stunden mit Plaudern verbrachten, eine herrliche Gegend und Meer direkt vor der Haustüre. Ein paar kleinere Radtouren wurden ebenfalls unternommen. Wir radelten ins nahe gelegene Barfleur sowie zum Raz de Barfleur, um den dortigen Leuchtturm zu bewundern.
Am Dienstag war dann die Weiterfahrt angesagt. Schließlich hatten wir ja noch viel vor in den sechs Wochen. Unterwegs kauften wir erst einmal den halben Supermarkt auf. Ich liebe die französischen Supermärkte! Über Siouville-Hague ging es weiter nach Barneville-Plage, um im kleinen Hafen von Carteret erst einmal wieder die Beine zu vertreten und ein wenig zu essen. Dann - bei strahlendem Sonnenschein - weiter über die D650 nach Pirou-Plage, wo wir zwar einen schönen Campingplatz aber keinen Stellplatz fanden. Es stürmte zur Abwechslung mal wieder, und der Himmel wurde wieder bewölkter: Eben richtiges Nordfrankreich-Wetter! Also nicht entmutigen lassen und weiter! In Gouville-sur-Mer fanden wir einen wunderschönen Stellplatz direkt vor den Dünen am Strand. Hier blieben wir die Nacht über! Unser Hund konnte ausgiebig am fast menschenleeren Strand tollen, und das mitten im Juli! Wir machten es uns im Sand gemütlich. So an die Dünen gelehnt war es gleich etliche Grade wärmer. Am Abend genossen wir vom Wohnmobil aus einen fantastischen Sonnenuntergang bei Crevetten, Baguette, Salat und Rotwein. Übrigens sollte der Stellplatz 4,50€ kosten, aber niemand kam zum Abkassieren.
Nach einem ausgiebigen Frühstück reisten wir am nächsten Morgen weiter nach Granville. Dazu benutzten wir wieder die D650, über Brehal fahrend, um dann auf die D971 zu gelangen und durch den wunderschönen Ort Donville-les-Bains zu fahren. In Granville angekommen war ich zunächst ziemlich enttäuscht, denn der Ort sieht von hier aus nicht sehr einladend aus. Das sollte sich aber schnell ändern. Wir durchquerten den Ort und fuhren einen Berg hoch zum Pointe du Roc, wo wir in der Nähe einer Schule einen Stellplatz fanden. Die Bezahlungsanweisung auf Französisch ist dort ein wenig verwirrend – selbst für Franzosen, wie es sich in einem Gespräch rausstellte. Der nette Franzose, mit dem ich mich unterhielt, und der von mir Geld für die Entsorgungsstation gewechselt haben wollte, schenkte mir daraufhin seinen Parkschein und wir konnten hier ein paar Stunden kostenlos stehen. Sie sind eben unbeschreiblich nett, die Franzosen! – Der Pointe du Roc ist ziemlich beeindruckend: Ein ehemaliger Kriegsschauplatz, wo die Deutschen sich nicht gerade rühmlich benommen haben. Hier findet man noch zahlreiche Bunker und andere Relikte aus der Zeit, die wir so gerne aus den Geschichtsbüchern streichen würden. Aber dennoch ist es beeindruckend, welche architektonische Meisterleistung diese Bunker waren: Einer bot 200 Soldaten Platz zum Schlafen und Wohnen. Und allein die Vorstellung, mit so vielen Menschen über einen Zeitraum unter der Erde eingepfercht zu sein, machte mir eine Gänsehaut. Wir wanderten durch die Anlage, entlang der wunderschönen Klippen und genossen die Aussicht übers Meer. Auf dem Rückweg brachten wir unseren Hund zum Wohnmobil und gingen dann alleine durch Granville mit seinen engen Gässchen und der schönen Kirche. Am Hafen tranken wir noch einen Espresso und dann hielten wir ein kurzes Mittagsschläfchen im Wohnmobil.
Nach dem Aufwachen entschlossen wir uns, weiter zum Mont-St-Michel zu fahren. Meinem Mann grauste es ein wenig davor, denn er hasst – mehr noch als ich – diesen Trubel, den solche Sehenswürdigkeiten mit sich bringen. Daher wollten wir auch nicht am Wochenende dort erscheinen. Aber ich bin der Meinung: Mont-St-Michel muss man – ähnlich wie Venedig – einmal im Leben gesehen haben!
Wir fuhren durch St-Pair-sur-Mer, auf der D911, am Meer entlang. Eine herrliche Strecke mit teilweise fantastischem Meeresblick sowie wunderschönen Häusern. Dann sahen wir auch schon in der Ferne die Klosterinsel! Wir hielten an, sogen in uns auf und fotografierten. Weiter ging es! Kurz vor unserm Ziel schwenkte ich – einem Hinweisschild folgend – ab zu einem weiteren Relikt des 2. Weltkrieges: Zu Mont-de-Huisnes, einem Deutschen Soldatenfriedhof. Es war 17.38 Uhr, um 18.00 Uhr schließt er. Das gab meinem Mann die Hoffnung, dass er sich nicht so lange dort mit mir aufhalten müsste. Er mag solche Sachen nicht! Aber letztendlich musste auch er zugeben, dass es ihn beeindruckte: Beinahe 12.000 deutsche Soldaten fanden hier auf zwei Etagen ihre letzte Ruhestätte. Welch verheerende Schicksale hier dahinter stecken!?
Etwas bedrückt setzten wir die die Fahrt fort, weiter zum Mont-St-Michel. Da fehlen einem die Worte: Es sieht wirklich aus, wie auf einer Kitschpostkarte. Und der Wohnmobilstellplatz ist direkt davor! Für 12,-€ konnten wir hier – mit einem der fantastischsten Blicke der Welt – übernachten. Und das Erstaunlichste: Es war nicht überlaufen! Wir machten noch einen Abendbummel durch die Klosterinsel. Natürlich reihen sich hier in den engen Gässchen Souvenirläden an Souvenirläden, dennoch kann man das mittelalterliche Leben hier gut erahnen. Unseren Hund beeindruckte das Ganze gar nicht! Banause! Wir genossen mal wieder: Allein der Gang bei Ebbe vom Stellplatz auf die Insel, ein besonderes Erlebnis, denn es ist wohl das letzte Jahr in dieser Form. Die teils „trockengelegte“ Klosterinsel wird wieder „bewässert“ und ein neuer Damm ist vorgesehen. Wie das dann wohl mit den Wohnmobilen sein wird?
Am Abend bestaunten wir die Sicht sowie den sternklaren Himmel von unserem Wohnmobil aus. Am nächsten Morgen gab es noch einen Gang durch Le-Mont-St-Michel. Die Besichtigung der Klosterkirche haben wir uns erspart, denn es kostete nicht nur Eintritt, auch können wir sagen, dass wir schon so viele Sakralbauten in Frankreich gesehen haben, dass wir langsam das Ganze ein wenig einschränken werden. Dafür genießen wir Dinge, die nicht in jedem Reiseführer oder jeder Touristenbroschüre stehen. Allein schon der – recht steile – Anstieg zur Kirche mit den verschiedenen Aussichten, die Blicke in die Hinterhöfe und der alte Friedhof, der ebenfalls einen wunderschönen Blick übers Wasser bis hin zum Stellplatz freigibt, sind Sehenswürdigkeiten für uns. Gegen Mittag wurden die Menschenansammlungen dichter, und wir „flohen“ gegen den Strom aus dem Stadttor hinaus. Puh, geschafft! Nun sollte es wieder weitergehen: Adieu, Le-Mont-Saint-Michel, adieu, Normandie!
Übrigens eine kleine Bemerkung noch am Rande: Die Bretonen beanspruchen gerne die Klosterinsel Mont-St-Michel für sich, aber heute zählt diese weltweit bekannte Sehenswürdigkeit, welches an der Grenze Normandie-Bretagne liegt, zu den nördlichen „Nachbarn“ Normandie.
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