Es hält sich hartnäckig das Klischee, Paris sei „die“ Stadt der Liebe. Frischvermählte wie auch Frischverliebte pilgern jährlich von allen Kontinenten der Erde in die französische Hauptstadt, um sich vom Lokalkolorit einlullen zu lassen. Im gestreiften Bretagne-Shirt ein Croissant in den Kaffee stippen, der Akkordion-Musik lauschen und dabei stets den Blick gen Eiffelturm richten. Aber Paris besteht allerdings aus mehr wie der Summe seiner Teile.
Auf eine ganz besondere Art und Weise und durchaus auch für Turteltäubchen geeignet, kann man die Stadt an der Seine kennen lernen. Nämlich auf dem Rad statt im stickigen Omnibus führt der Weg durch die Millionenmetropole. Fernab der konventionellen Touristenpfade bietet der Reiseveranstalter „Die Landpartie“ aus Oldenburg innerhalb von fünf Reisetagen ein abwechslungsreiches Potpourri.
Aber nun erst mal hübsch eins nach dem anderen. Ich war noch niemals in Paris (in New York aber durchaus)! Da ich nicht überaus romantisch veranlagt bin und angestaubte Klischees gerne untergrabe, habe ich mich bewusst alleine für diese Radreise entschieden. Die Abwicklung bei der Buchung war hervorragend, das Personal von „Die Landpartie“ sehr freundlich, auskunftsfreudig und kompetent. Ich empfinde schnell, ob ich mich wo aufgehoben fühle oder die Kommunikation hakt. „Das fängt ja mal gut an“ dachte ich und die Vorfreude stellte sich rasch ein. Einige Freunde und Bekannte hatten mir mal geraten, Paris im August zu besuchen. Da sei die Stadt so schön leer, da die Franzosen zum Urlaub machen an Strand und Küste ausgeflogen sein. Schlange am Louvre stehen, Touristenabzocke und Quetschprellungen in der Métro Paris seien dann gänzlich ausgeschlossen. Aber was nur, wenn auch andere auf die Idee kommen sollten, Paris im Spätsommer zu erobern? Nun ja, dann trifft man vielleicht auf Herrn Krause vom Nachbarhause, alte Schulfreunde oder gar weit angereiste Neuseeländer. Ein buntes Gemisch aus „Nicht-Parisern“ eben. Nein, dann lieber ganz authentisch in den Trubel der Stadt eintauchen- daher entschied ich mich für den Wonnemonat Mai als Reisezeitraum.
Die Anreise folgte per Bahn wobei der Zug am geschäftigen Großstadtbahnhof „Gard du Nord“ einschnaufte, welcher schon so manchen Provinzler in Staunen versetzt hat.
Am Bahnsteig erwartete mich und meine Leidensgenossen dann schon das charmante Lächeln der Reiseleiterin Britta Treede-Cissé. Die gebürtige Hamburgerin lebt und liebt das Leben in Paris schon seit vielen Jahren und ist auch mit einem waschechten Franzosen verheiratet. Sie wird für die nächsten fünf Tage unser Ansprechpartnerin, Koordinatorin und Sprachführerin sein- aber vielleicht auch eine Freundin werden.
Wir sind ein bunt gemischter Haufen von 15 Leuten, welcher sich erst noch beschnuppern muss und vorerst betreten zur Seite schaut. Britta- wir sagen sofort alle „Du“ zu einander- wirft uns sogleich ins kalte Wasser und mutet uns mutig eine Fahrt in der Métro Paris zu. Nur drei Stationen später erreichen wir unser charmantes Hotel im Stadtteil Marais. Ein knarziger Aufzug, in dem nur eine normal proportionierte Person samt leichtem Gepäck Platz findet, führt zu den Zimmern empor. Klein aber fein, dazu für die Lage sehr ruhig und sauber. Für den gemeinen Single ist nur ein sehr schmales Bett vorgesehen, dafür bietet das Zimmer im oberen Stockwerk einen tollen Balkon mit Rundumblick. Damit wir keine wertvolle Zeit verlieren, werden wir nach einer kleine Erfrischungspause an die modernen und komfortablen Fahrräder geleitet, welche in einer nahen Garage parken. Irgendwie fühle ich mich schon jetzt richtig mittendrin statt nur dabei. Das Wetter ist die ganzen nächsten Tage auf unserer Seite, so dass ich gut daran getan habe, Sonnenschutz einzupacken. Und dann geht es auch schon los- wir schwingen uns auf die Räder und erkunden zunächst unser Stadtviertel. Zuvor wurde das „Schlusslicht“ aus der Gruppe erkoren, welcher sich mit roter Fahne deutlich erkenntlich macht.
An unserem ersten Abend speisen wir in einer der ältesten Brasserien von Paris. Da das Essen jeweils im Reisepreis inkludiert ist, stelle ich mich als erfahrene Kosmopolitin auf knapp kalkulierte Touristenkost ein. Davon ist aber bei diesem Dinner wie auch an den folgenden, nichts zu spüren. Geradezu vorzüglich ist die Speisefolge, vor allem die Creme brulé ein wahres Gedicht! Müde von der Anreise und ersten, neuen Eindrucken nächtigen wir alle sehr gut. Der nächste Morgen beginnt mit Zähneputzen auf dem tollen Balkon, von dem aus man das geschäftige Treiben des erwachenden Paris beobachten kann. Das Frühstück fällt bescheiden aus- typisch für Südländer. Ein Kaffee und Croissant, mehr Schnickschnack ist nicht. Heute fahren wir zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und haben rund 35 Kilometer Tagesetappe vor uns. Es herrscht ein harmonische Gruppendynamik und so ist das Radeln im Vergleich zu einer schnöden Bustour doch sehr entspannend. Einfach mal laufen lassen- die Speichen glucksen bei Gefälle munter daher und der Fahrtwind tut bei der strahlenden Sonne richtig gut. Am Abend erwartet uns wieder ein gemeinsames Abendessen in einem idylischen Restaurant auf dem Place Dauphine, ehe der Tag mit einer Bootstour auf der Seine mit Blick auf den Eifelturm zu Ende geht.
In den nächsten Tagen lernen wir die versteckten Teile der französischen Hauptstadt kennen, machen ein Picknick im Parc des Buttes-Chaumont, von dem man aus einen herrlichen Panoramablick hat. Die Menschen hier sind bunt, verrückt, elegant, kinderreich und eines ganz bestimmt- sinnlich durch und durch. Da wird im Park eine Flasche Wein im Kreis von Freunden zelebriert, jemand hat ein bisschen Käse mitgebracht, die Kinder spielen unbeschwert umher. Echtes Savoir Vivre eben. Am nächsten Tag begegnen wir dem wichtigsten Wahrzeichen der Stadt, dem Eifelturm. Hier werden wir das Mittagessen in 100 Metern Höhe einnehmen und werden auch hier kulinarisch verwöhnt. Der Ober spricht sogar etwas Deutsch, hat stets einen flotten Spruch auf den Lippen. Woher er die Sprache kann? „Am besten lernt man, wenn man eine deutsche Freundin hat“ so der junge Kellner verschmitzt. Gut gestärkt rollen wir mutig dem Feierabendverkehr auf der Champs-Elysées entlang. Dies ist wirklich eine kleine Mutprobe, den die Straße wird beherrscht von Autos, Rädern, Rollern gleichermaßen. Man kann kaum die prunkvollen Geschäftsauslagen der namenhaften Boutiquen bestaunen, da man stets nach vorne schauen muss. Großartig ist es aber dennoch, auch wenn wir in diesem Moment bestimmt die Menge an CO2 einatmen, welche wir durch den Verzicht eines Reisebusses eingespart haben. Mehr Ruhe erfahren wir dann bei der Besichtigung der Kathedrale Nôtre-Dame. Nein, alleine sind wir hier keineswegs, aber eine gewisse besinnliche Stille wird von allen eingehalten.
Am vierten Tag führt uns die Route nach Versailles. Der Zug nimmt uns ein mächtiges Stück Strecke ab, wobei wir nochmals die Gepflogenheiten und eigenen Gesetze der Métro Paris kennen lernen dürfen. Wir radeln durch die Gärten und Parks des Sonnenkönigs. Eine atemberaubendes und unbeschreiblich weitläufiges Stück Natur erwartet uns hier. Wir haben Zeit zum Verweilen und Möglichkeit, Teile des Schlosses zu besichtigen. Ich radle lieber noch einmal zurück, an Pferdekoppeln, lichtdurchfluteten Alleen vorbei und genieße einfach. Am Ende muss ich mich gar sputen, um pünktlich im Restaurant des Schlossgartens anzukommen. Man verliert einfach Zeit und Raum. Das kühle Bier à la pression rinnt angenehm die trockene Kehle hinunter und der Salat à la maison schmeckt köstlich. Gut, dass auf der Reise der sportliche Aspekt gegeben ist, sonst würde ich mich nicht auf die Waage trauen. An unserem letzten Abend entführt uns Britta in die schönste Moschee von Paris. Wir sitzen in einem überdachten Innenhof bei Pfefferminztee und Couscous zusammen und lausche den hitzigen Gesprächen der arabischen Tischnachbarn.
Die Rundreise endet aber noch nicht gänzlich, denn auch am Abreisetag steht noch ein wichtiger Programmpunkt an. Wir schlendern über den kulturellen Hügel von Montmartre, begegnen Kunststudenten, Gauklern und anderen Lebenskünstlern. Eine nette Dame schnippelt aus einer DIN-A4 Seite mein Profil zu einem Scherenschnitt. Ich muss es nur kaufen, wenn es mir gefällt und meine Mitreisenden urteilen, ich sei gut getroffen. Zurück am Hotel endet unsere gemeinsame Reise, da einige noch ein paar Tage bleiben oder von einem anderen Bahnhof aus abreisen. Wir verabschieden uns nicht leicht, denn es waren fünf unvergessliche Tage mit großartigen Menschen in einer außergewöhnlichen Metropole.
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