Ja, schwanger auf reisen...das trifft weniger auf mich zu, als viel mehr auf meine Frau. Kürzlich gestartet in Les Planes del Rey (Provinz Tarragona/Spanien), sind wir einmal quer durch das Land Spanien entlang der Mittelmeerküste gen Süden gereist - bis runter nach Tarifa. Der Plan war, dass wir von April bis Oktober unterwegs sind. Schon seit Monaten ist unser Renault Traffic ausgebaut und bewohnbar, sowohl als Schlafzimmer als auch zur Beherbergung von 5 - 6 Personen bequem sitzend. Ein Tisch lässt sich hierzu sehr schnell und unkompliziert ausziehen und natürlich dient die gesamte Ausbaufläche im "untransformierten" Zustand als Liegewiese für mich und meine schwangere Frau. Ich betone das sehr gerne. Noch vor kurzem haben wir nicht einmal eine Ahnung davon gehabt, was das bedeutet: Schwanger. Klar, die Frau verändert sich. Klar, sie wird "dicker". Klar ist auch, dass plötzlich nichts mehr ist, wie je zuvor. Nicht lange her, da sind meine Frau und ich regelmäßig an einer Kletterwand zu finden gewesen. Doch ich möchte mal absolut klischeemäßig betonen: von dem Moment an, in dem eine Frau sich bewusst darüber ist, dass sie schwanger ist, ist sie auch abrupt "TOTAL" schwanger. Dieses zu verstehen wünsche ich jedem Mann, insbesondere einem jeden, der gemeinsam mit seiner nicht-schwangeren Frau eine Reise plant.
Unsere Reiseplanung beschränkte sich zunächst auf eine Route quer durch Spanien, von Nord nach Süd, über Portugal im Westen, zurück nach Norden über Finisterre an der Atlantik-Küste, um dann den weltbekannten Jakobsweg rückwärts bis an die Ostküste Spaniens zu fahren. Somit hätten wir einmal die gesamte iberische Halbinsel durchfahren, bevor wir über Frankreich zurück nach Norddeutschland fahren - und zwar an einen der nordöstlichsten Zipfel: Jasmund auf Rügen. Sassnitz
Eine 2-Monatsreise durch einige Gebiete von Amerika, zum Teil mit dem Fahrrad, zum Teil mit dem Kanu, stand ebenfalls auf dem Plan.
Begonnen haben wir unsere Reise in der Gegend, wo wir bereits eineinhalb Jahre gelebt haben, in Les Planes del Rey, eine Urbanisation von Pratdip (dem Sommerwohnort der Eltern von Daniel Brühl).
Von hier aus ging es für 2 Wochen ins wunderschöne Kletter- und Wandergebiet "Montsant" zwischen Margalef und Ulldemolins.
Dort trifft man Kletterer aus aller Welt. Selbst solche Größen wie Chris Sharma sind hier anzutreffen und viele Weitere, wie Dave Graham oder Adam Ondra.
Dort gibt es einen Stausee, indem man baden und springen kann und von dem aus etliche kleine Zuflüsse aus den Felsen drum herum kommen. Hinter einem dieser Zuflüsse verbirgt sich sogar ein versteckter Eingang durch eine sehr niedrige Öffnung, sodass man beim reinklettern in die Hocke gehen muss. Doch dahinter entfalten sich mehrere Räume einer Tropfsteinhöhle, durch die man dann z.T. feuchten Fußes hindurch klettern kann. Ein Besuch lohnt sich unbedingt, jedoch wird man ohne ortskundige Hilfe, oder ganz konkreter Wegbeschreibung nicht fündig werden.
Das Schöne an diesem Fleck Erde ist, dass es ein Eldorado für Camper ist, die statt Luxus bevorzugt Natur wollen. Es gibt dort mehrere angelegte freie Campingplätze, mit großen Grillstellen und sogar fließend Wasser - mitten in der Natur. Sowohl im Stausee, als auch in den Flüssen ist mit einer entsprechenden Erlaubnis sogar Angeln möglich, was in Spanien sehr erschwinglich ist, da man nur eine Jahreskarte braucht, nicht aber einen Angelschein.
Meine Frau und ich hatten uns intensive und ausgiebige Klettertage ersonnen, jedoch durften wir uns schon nach kurzer Zeit der Gewissheit sicher sein, dass wir ein Baby erwarten. Somit war nun Zurückhaltung und Schonung angesagt. Abgesehen von kleinen Einschränkungen, haben wir dann die Zeit doch sehr intensiv nutzen können, nur dass wir eben weniger klettern konnten. Doch das kleine schnuckelige Gebirge eignet sich ja nicht nur dazu. Es ist ebenso ein Kletterparadies, als auch ein wunderschönes Wandergebiet. Viele schmale und kleine Wege führen kreuz und quer durch die umliegenden Hänge, Schluchten, Felsen und Wälder - bis man zum Beispiel auf einem der höchsten Gipfel weit und breit ankommt, von dem man bei guter Sicht bis zu den Pyrenäen gucken kann.
Doch nach 2 Wochen in der zivilisationsfreien Zone - ohne Einkaufsmöglichkeiten, ohne Toiletten - wollten wir dann auch endlich den Süden Spaniens bereisen - und meine Frau wollte endlich nachlesen, was in der dritten und vierten Schwangerschaftswoche alles so passiert.
Also ging es los. Wir ließen uns 12 Tage Zeit, um gemütlich in Tarifa anzukommen. Mehrere Zwischenhalte haben die Reise in unserem langsamen Traffic sehr angenehm gestaltet. Wir besuchten einen Freund in Valencia, der gerade zusammen mit Freunden eine sehenswerte Fotoausstellung eröffnete, die "Caixa fosca" in der Calle Enrique Navarro.
Nach drei Nächten an den Stränden von Carboneras, San Pedro und Las Negras, haben wir die Mittelmeerküste im Süden Spaniens verlassen und sind weiter ins Inland in die sogenannten Alpujarras der Sierra Nevada, bis zu einem kleinen Dörfchen nahe Órgiva, namens Benificio.
Benificio gilt als eine der größten europäischen Aussteigerkommunen und ist ein Sammelort sowohl für z.B. Künstler und Musiker, aber leider auch für gestrandete Existenzen, drogenzerstörte Persönlichkeiten und verzweifelt Schutzsuchende.
Benificio ist mystisch, aber auch sehenswert. Es passieren viele komische Dinge dort und es lohnt sich, darüber im Internet zu lesen, bevor man es besucht. Ich wollte meiner Frau diesen Ort zeigen und bin dieses Mal mit einem sehr komischen Gefühl von dort weggefahren.
Dieses Gefühl war Grund genug, schnell weiterzufahren zu einem anderen Klettergebiet, das uns wärmstens empfohlen wurde: El Chorro (50km nördlich von Malaga. Keine Geodaten verfügbar).
Auch hier trafen wir auf Aussteiger, die eine größere Schäferhöhle ausgebaut haben, um sich dort niederzulassen. Der Ort grenzt an einen imposanten Zugang zu einem wunderschönen Fleck Natur. Der Fluss "Rio Guadalhorce"" durchschneidet hier einen Felsen zu einem 300 Meter hohen Canyon, an dessen Senkrechtwände der berühmte "Caminito del Rey" - der kleine Weg des Königs - 3 km entlang läuft. Das zu beschreiben würde den Eindruck nicht im Geringsten wiedergeben, den man bekommt, wenn man diesen Weg entlangläuft. Ursprünglich gebaut um die 20. Jahrhundertwende zu Zwecken des Materialtransportes für Arbeiter der dortigen Wasserkanalanlagen, nutzte der König Alfonso XIII diesen Weg im Jahre 1921 bei der Einweihungsfeier des Staudammes, wodurch der Weg den heutigen Namen bekam.
Nicht wenige Menschen haben ihr Leben im Zusammenhang mit diesem Weg lassen müssen. Sei es durch den Bau, oder durch das Überqueren in den letzten Jahrzehnten.
Der Weg ist begehbar und wird viel von Kletterern genutzt, um in das dahinterliegende Tal zu kommen. Doch ist er auch sehr gefährlich und hat uns beim Überqueren anfänglich mehr als nur ein mulmiges Gefühl verursacht. Viele Stellen sind bereits von herunterfallen Felsbrocken durchschlagen, was die gefühlte Sicherheit auf dem kaum mehr als 60 Zentimeter breiten Weg nicht gerade erhöht.
Zudem hegen sich um "El Chorro" viele mystische Geschichten. Sei es z.B. ein entflohener Sträfling, ein verurteilter Mörder, der sich in dem Tal versteckt, oder sei es eine unglaubliche Geschichte, an die sich die Dorfbewohner noch heute erinnern. Demnach soll es in den 70er Jahren eine Hippiekommune innerhalb des Tales gegeben haben, die sich in dem noch heute erhaltenen Haus niedergelassen haben. Diese experimentierten mit allerlei Naturrauschmitteln umher und eines Tages soll es dort zu einem Vorfall gekommen sein, nachdem die gesamte Kommune nicht mehr am Leben gewesen sein soll. Man munkelt, es sei dort zu einem, vom Rauschzustand hervorgerufenen, suizidalen Ereignis gekommen.
Trotz des dauerhaften Unwohlseins in dieser Gegend, haben wir es 4 Tage ausgehalten. Doch je weiter wir uns entfernt haben, umso wohler wurde uns auch wieder. Zeit für einen Zwischenstopp im Internetcafé. Wie groß mag unser Nachkömmling schon sein? Kaum größer als der Nagel meines Zeigefingers, doch groß genug, um stundenlang darüber zu lesen und zu berichten.
Ohne längeren Stopp ging es dann bis zum südlichsten Zipfel Spaniens: Tarifa. Nun haben wir erwartet, dass dort Mitte Mai bereits gefühlte 800°C herrschen und wir nur im Mittelmeer liegen wollen; dass wir Lust kriegen, nach Afrika zu schwimmen und uns einfach mal tagelang nur am Strand aufhalten. Pustekuchen, dem war nicht so. Eine inzwischen ortsansässige alte Schulfreundin von mir, die wir tatsächlich zufällig dort trafen, erzählte uns, dass das Wetter "natürlich" total untypisch für die Gegend sei, dass es aber leider noch eine Woche so bleiben soll. So lange konnten wir selbstverständlich nicht warten, also haben wir uns nach nur einer Nacht wieder auf den Weg gen Norden gemacht.
Unseren geplanten Schlenker über Portugal haben nochmal überdacht und entschieden, dass es nichts Schöneres gibt, als eine weitere Woche im Klettergebiet Montsant. Diesmal hat die Fahrt auch nur 2 Tage gedauert. Unterwegs haben wir uns noch ein Bild von der Zerstörung der Erdbebengebiete um Lorca und Murcia gemacht und sind beeindruckt und reicher an Erfahrungen zurück im Montsant angekommen.
Nach einer wunderschönen Woche, mussten wir für ein paar Tage unsere Urlaubsgefühle zurückstellen, um unseren gesamten Hausrat zu verladen und von Spanien nach Norddeutschland zu bringen, wo unsere Reise dann weiter gehen konnte. Eine Phase unseres Lebens hat damit ein Ende gefunden. Wir haben einige Zeit in Spanien GElebt, haben viel ERlebt und noch mehr gelernt.
Über viele kleine Zwischenstationen, haben wir uns dann von Rügen auf den Weg zum Frankfurter Flughafen gemacht, von wo aus es für 2 Monate nach Amerika ging.
Doch diese Reise ist eine andere Geschichte.
Der Schreiberlehrling
zum 2. Teil des Reiseberichts...
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