Reisebericht Teil 3
Meine Frau und ich begaben uns für 5 Monate auf eine selbstorganisierte Reise. Zunächst durchfuhren wir mit unserem umgebauten Transporter das gesamte Land der iberischen Halbinsel bis an die südlichste Spitze
Rügen. Wir hatten bereits Flüge gebucht, um für 2 Monate im mittleren Osten und Norden von den vereinigten Staaten unsere Reise fortzusetzen. Also ging es nach einem kurzen Aufenthalt auf Deutschlands größter Insel gleich wieder Richtung Süden, nach Frankfurt zum Flughafen.
In Amerika hatten wir das Glück, bei meinem Bruder unterzukommen, von wo aus wir unsere Reise weiter organisieren konnten. Dazu gehörte zum Beispiel eine mehrtägige Rennradtour, Besuche der größten Mountainbike-Rennliga Amerikas, den Wisconsin Offroad Series (WORS) - aber vor allem eine einwöchige Kanutour, quer durch die Wildnis, durch verschiedene Flüsse und Seen bis hinter die Grenzen der kanadischen Einöde.
Begonnen haben wir unsere Tour zu viert an dem Fluss Ely in Minnesota.
Voll bepackt, gewappnet für nahezu jede sich eventuell bietende Situation, starteten ein erfahrenes Ehepaar, meine schwangere Frau und ich morgens in der Frühe für eine Tour ins Ungewisse. Wir wussten nicht im Geringsten, worauf wir uns einließen. Doch es war vom ersten Moment an einfach nur schön. Kein Lärm der Zivilisation, keine Mobiltelefone, nichts außer Ruhe und pure Natur.
Wir paddelten gleich am ersten Tag gute 8 Stunden, was für ungeübte Kanufahrer wie uns nicht wenig ist. Wenn der Tag sich dann dem Ende neigt, sucht man sich einfach am Ufer ein speziell angelegtes, sogenanntes "Campsite", wo Platz für zwei bis drei Zelte ist, wo eine Grillstelle angelegt ist und wo etwas abgelegen auch ein stilles Örtchen eingerichtet ist. Von diesen Campsites gibt es hunderte in den Seen und Flüssen aller umliegenden Nationalparks und für die Nutzung dieser und das Befahren der Gewässer zahlt man zuvor in der Stadt eine erschwingliche Gebühr. Erschwinglich auf amerikanischer Seite, exorbitant auf kanadischer Seite. Die Erlaubnis für die Übernachtung einer einzelnen Person im grenznahen Nationalpark auf kanadischer Seite, kostet ca. genauso viel, wie eine Genehmigung für 4 Personen für eine ganze Woche auf amerikanischer Seite.
Außer, dass wir tagsüber unseren Fuß auf kanadischen Boden setzten und unsere Kanus in kanadischen Grenzgewässern bewegten, blieben wir somit die meiste Zeit über innerhalb Minnesotas.
Wer sich für eine solche Tour entscheidet, sollte auf jeden Fall eine erfahrene Person dabei und starke Schultern haben, denn zwischen den einzelnen Flussarmen und Seebuchten muss man immer wieder über Land gehen. Bis zu einem halben Kilometer weit muss man nicht nur riesige Rucksäcke mit all dem Proviant und dem Equipment auf dem Rücken tragen, sondern zudem auch das nicht weniger als 35 KG schwere Kanu schultern. Zusammen trägt man da je nach Verfassung und Gepäckverteilung bis zu 75 Kilogramm auf unbequemste Weise - und wird je nach Jahreszeit auch noch aufs Schärfste von allen möglichen, blutliebenden Insekten attackiert.
Doch all die Strapazen lohnen sich, denn es gibt kein vergleichbares Erlebnis.
Wir durften jeden Tag angeln und selbstgefangenen Fisch verzehren - und das jedes Mal auf unterschiedliche Weise zubereitet. Wir hatten Begegnungen mit Bananenkisten-großen Schildkröten. Wir durften jeden Morgen der absoluten Stille lauschen und jeden Abend am Feuer sitzen, nachdem wir unser Essen darauf zubereitet hatten. Wir durften uns wie Eingeborene fühlen, auf dem Fluss treibend, auf der Suche nach Holz am Ufer, Beeren suchend und armlange Fische ins Boot kämpfend.
Diese selbstorganisierte Reise ist jede Sekunde wert gewesen und ich habe höchsten Respekt davor, dass meine Frau all das noch im fünften Monat schwanger mit sich hat machen lassen. Wann immer wir wieder die Chance dazu haben werden, mit dem Kanu unterwegs sein zu können, wir werden es tun.
Der Schreiberlehrling
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